Die Ketschendorfer Chronik

Geschrieben von Oberlehrer G. Schamberger 1914. In Folge von Krieg und Inflation erst 1924 in Druck gegangen.

(Leihgabe: Günther Koch)

Vorwort (Auszug)
Die Neuzeit mit ihren Errungenschaften hat eine sogenannte Überkultur hervorgerufen, die jede Erinnerung an die gute alte Zeit der Väter zu vernichten droht. Mit Geringschätzung behandelt man das von den Vorfahren übernommene Erbe. Manches mit saurem Schweiße erworbene kostbare Hausgerät der Großeltern wird als unmodern für wenig Geld verschleudert, und viele wertvolle Schriften aus alter Zeit sind als überflüssiges Material in den Ofen oder in die Papiermühle gewandert. Heutzutage muß eben alles gewinnbringend gemacht werden. Aber trotzdem der Wohlstand wächst, mehrt sich nicht Glück und Frieden, sondern Unzufriedenheit macht sich überall breit. Immer mehr kommt man zu der Überzeugung daß das Traute, Anheimelnde aus der Großväterzeit und mit ihr die Liebe zu Heimat und Vaterland schon zum Teil verloren gegangen ist.

Wie erwärmen uns, wenn wir sehen, wie unsere Vorfahren ihr Heim einfach, aber sinnig zu schmücken verstehen und wenn wie hören, wie sie die Geschichte ihrer Familien und ihres Ortes wertschätzten, für die Verherrlichung ihrer Heimat schwärmten, wie sie bei ihrer Einfachheit so glücklich waren! Und in der Tat vermögen wir die Arbeit der Gegenwart erst dann recht zu würdigen, wenn wir erkennen, was unsere Vorfahren dazu beigetragen haben. Wenn uns zum Bewußtsein gekommen ist, daß unsere Kulturstufe sich aufbaut auf die Arbeit unserer Väter, dann beschleicht uns das Gefühl der Dankbarkeit.

Wir betrachten es dann als unsere heilige Pflicht, das Erbe unserer Väter zu erhalten und zu mehren. Aus dieser Gesinnung heraus ist die vorliegende Heimatkunde entstanden. Möge es ihr gelingen, die Liebe zur Heimat zu wecken und zu fördern! Denn glücklich ist der Mensch der noch eine Heimat hat, der die Scholle, auf der er lebt, lieb gewinnen kann. Kein Ungemach kann ihm dieses Kleinod entreißen.

Ketschendorf Chronik 1924